Online-Interview mit Bundesminister Martin Kocher

Martin Kocher, du bist seit Jänner diesen Jahres Bundesminister für Arbeit und wir freuen uns dass wir dir heute online einige Fragen zu deiner neuen Tätigkeit stellen dürfen.

Wir erkennen bei unseren (gewerblichen) Unternehmern und Dienstleistern (zB Buchhaltung, Pflege) eine erhöhte Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften. Welche kurzfristigen Maßnahmen können hier helfend unterstützen?

Mit der Corona-Joboffensive stellt das BMA rund 700 Mio. Euro (2021: 428 Mio.) für die Weiterbildung von rund 100.000 Menschen bereit, dabei ist Pflege ein Schwerpunktthema.

  • 2021 werden rund 7.500 Personen in der Pflege ausgebildet (auch Pflegeassistenz)
  • 2020 wurden bereits rund 10.000 Personen im Pflegebereich aktiv in der Ausbildung gefördert

Zusätzlich gibt es in einigen Bundesländern Pflegestiftungen, darunter auch Wien, Steiermark, Tirol, Oberösterreich

Außerdem gibt es den Corona-Bildungsbonus zusätzlich zum Arbeitslosengeld für zumindest viermonatige Schulungen in allen Bereichen, der mit 180€/ Monat bis Dezember 2021 dotiert ist.

Im Bereich der Pflegekräfte/Physiotherapeuten gibt es starke Nachfrage. Seitdem diese Berufszweige einem Studium unterworfen wurden, sieht die Situation noch düsterer aus. Gibt es hier Konzepte, die dem gegensteuern?

Der Mangel im Pflegebereich betrifft sowohl die Dipl. Gesundheits- und Krankenpfleger mit teils Bachelor- oder Masterabschlüssen als auch die Pflegeassistenzen und Pflegefachassistenzen.

Derzeit fördern wir insbesondere Nicht-akademische-Ausbildungen

  • Pflegefachassistenzen durch beispielsweise das Fachkräftestipendium
  • Pflegeassistenzen durch Pflegestiftungen

In den Pflegestiftungen kann man zum Teil auch universitäre Abschlüsse berücksichtigen.

Der ländliche Bereich wird zunehmend durch Zentralräume personell ausgedünnt. Unsere Region zählt demographisch zu den starken Abwanderungszonen. Sehen Sie eine Chance gemeinsam mit dem Wirtschafts- bzw. Bildungsministerium die Ansiedlungs- und Ausbildungspolitik (Stichwort FH) wieder stärker in die Regionen zu verlagern und damit der Bevölkerung wieder entsprechende Jobs zu vermitteln? Ein möglicher Schwerpunkt könnte Holz sein.

Für die Fachhochschulen ist das Arbeitsministerium zwar nicht unmittelbar zuständig, der Dialog mit den Regierungskollegen ist mir aber in diesem Zusammenhang sehr wichtig.

Als Arbeitsminister ist mir vor allem auch das übereinander bringen von Stellenangeboten und Arbeitssuchenden wichtig, dabei hat selbstverständlich auch die überregionale Vermittlung einen hohen Stellenwert.

Aus meiner Sicht kann ein breites Angebot von Lehrstellen in der Region für junge Menschen Perspektiven vor Ort bieten und diese so auch an die Unternehmen binden, was wiederum der gesamten Region hilft.

Welche Ideen können Sie beisteuern damit Arbeit wieder attraktiv wird? Stichwort: Arbeit muss sich lohnen.

Wichtig ist, dass Arbeitslose eine entsprechende Perspektive haben, wieder in Beschäftigung zu kommen.

Dementsprechend gibt es derzeit den Neustartbonus, der die Arbeitsaufnahme fördert.

Digitalisierung und Homeoffice sind derzeitige Schlagwörter: Welche Ideen gibt es, um hier die Attraktivität zu steigern?

Digitalisierung und Homeoffice haben nicht zuletzt durch die COVID19-Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen stark an Attraktivität zugenommen, auch ohne zusätzlichen Attraktivierungsinitiativen.

Mit der Homeoffice Regelung haben wir nun auch gesetzliche Rahmenbedingungen dafür geschaffen. Die Möglichkeit zum Homeoffice stärkt auch jene Regionen, in denen in den letzten Jahrzehnten Menschen abgewandert sind.

Welche Maßnahmen planen Sie, um, bei der doch beträchtlichen Anzahl an Stiftungen (Im- bzw. Outplacement), die Flexibilität sowie die Effizienz im Sinne aller (Arbeitssuchender und Unternehmer) zu erhöhen?

Wichtig ist eine so betriebsnahe Ausbildung wie möglich. Hier spielen arbeitsmarktnahe Implacement-Stiftungen eine besondere Rolle. Die Steiermark ist in diesem Bereich Vorreiter. Dabei beteiligt sich auch das AMS mit bis zu 35% der Stiftungskosten.

Darüber hinaus spielen Schulungen im Rahmen der Corona-Joboffensive eine entscheidende Rolle.

Lieber Herr Bundesminister, wir danken sehr herzlich für das Gespräch, wünschen dir für deine Tätigkeit alles Gute und viel Erfolg und freuen uns dich in der Nach-Corona-Zeit bei uns im Murtal gegrüßen zu dürfen.

 

Das Interview wurde online von Ing. Isabella Kaltenegger, ÖVP Bundesrätin und Norbert Steinwidder, Bezirksobmann des Wirtschaftsbundes Murtal geführt.