Woche der Landwirtschaft: „Wir schaffen Landerlebnis“

 
Als Vorspann zur diesjährigen Woche der Landwirtschaft vom 30. April bis 7. Mai lud die Landwirtschaftskammer Steiermark, Bezirke Murau und Murtal zur gemeinsamen Pressekonferenz in die Fachschule Schloss Feistritz nach St. Peter am Kammersberg. Begrüßt durch Dir. Maria Reissner gaben KO Martin Hebenstreit, Bezirksbäuerin Silvia Edlinger, Kammersekretär DI Franz Rodlauer (alle Murau), Bezirksbäuerin Maria Elisabeth Rinder, KO DI Leonhard Madl (beide Judenburg), Komm. Rat Karl Schmidhofer (Urlaubsregion Murtal), Obfrau „Urlaub am Bauernhof“ Anneliese Feiel (Murau), Obfrau „Urlaub am Bauernhof“ Claudia Reiter-Steinbach (Murtal), Claudia Sperl (Urlaub am Bauernhof), Edith Brandstätter (Schule am Bauernhof), Anja Jesner (Soziale Landwirtschaft „Green Care“, Dipl. Päd. Ing. Maria Habertheuer und Ing. Birgit Göttfried (beide Beraterinnen) mit ihren Statements Einblick in die aktuelle Situation und Zukunftsaussichten.

 
Gäste kommen wegen der schönen Landschaft 
Woche der Landwirtschaft: Kaum jemandem ist bewusst, dass Bauern für Bekanntheit und Image einer Region sorgen
Wir schaffen Landerlebnis
Die Woche der Landwirtschaft stellt die Leistungen der Bauern für den Tourismus in die Auslage. Unter dem Motto „Wir schaffen Landerlebnis“ findet sie heuer vom 30. April bis 7. Mai österreichweit findet. Die zentralen Leistungen und die Bedeutsamkeit der Landwirtschaft für den Tourismus und umgekehrt werden dabei für Herrn und Frau Österreicher sichtbar gemacht. Diese sind die Landschaftspflege, die unverwechselbare, regionaltypische Kulinarik sowie die „Erlebniswelt Landwirtschaft“.
Augenschmaus Landschaft. 
Der Wissensstand der Bevölkerung speziell über die Landschaftspflege ist minimal, obwohl 82 Prozent der Gäste wegen der schönen Landschaft und der Natur kommen. Denn über die Pflege der erholsamen Landschaft werden die Bäuerinnen und Bauern kaum in Verbindung gebracht. Für die Bevölkerung steht der Freizeitwert im Mittelpunkt. Nur ein Drittel der Bevölkerung weiß, dass der Augenschmaus „Landschaft“ und somit der Erholungswert einer schönen Berglandschaft und der Almen „schwierig in der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung ist und sich die Bewirtschaftung der Berggebiete immer weniger lohnt(Grafik). Damit hat es sich auch schon, obwohl die Natur und diese schön gepflegte Landschaft die Gäste bringen.
Bevölkerung aufrütteln. 
Die Leistungen der Bauern für die Landschaftspflege sind somit grob unterschätzt. Daher stellt sich die Frage: Was passiert, wenn die Bauern die Landschaft nicht mehr pflegen. Für die „Woche der Landwirtschaft“ hat die Kammer für jeden Bezirk eine Computeranimation erstellt, die das Zuwachsen der Landschaft bis 2050 sichtbar macht und die Öffentlichkeit aufrütteln soll (Beilage).Die Pflege des Grünlandes unbezahlbar, wenn dies die Bauern nicht mehr würden.
Allein jährliche Grünlandpflege ist unbezahlbar. 
Allein die Pflegekosten für die 167.500 Hektar Grünland würden der öffentlichen Hand teuer zu stehen kommen: Unglaubliche 224 Millionen Euro pro Jahr oder 180 Euro jährlich würde sie je Steirer. Dazu kommt: Etwa 10.000 Arbeitskräfte würden auf den ohnehin überfüllten Arbeitsmarkt drängen.

Essbarer Treuepass:

Die Landwirte sind wesentliche Innovationstreiber in der regionaltypischen Kulinarik, die die Gastronomie und Hotellerie befruchten und beflügeln. Ein immer wieder genanntes Vorzeigebeispiel dafür sind der steirische Wein und die Buschenschänken. Auch die Mostbuschenschänken mit vielen neuen Produktlinien sind auf einem sehr guten Weg. Ihre innovativen Produkte (Beispiele) verschaffen einer Region Bekanntheit und Image. Je attraktiver diese mit ihren Produkten ist, umso mehr geben die Gäste auch aus, bleiben ihrer Region als Urlaubsort treu und empfehlen sie weiter. „Genau deshalb braucht der Tourismus die Landwirtschaft, sie ist für den Tourismus ein essbarer Treuepass.

Erlebniswelt Landwirtschaft: 
 
Mit Wertschätzung entsteht Wertschöpfung. 
Im Urlaub oder beim Ausflug wollen die Gäste etwas Besonderes erleben. „Die Erlebniswelt Landwirtschaft bietet mit dem Zuschauen, Dabeisein oder dem Blick hinter die Kulissen der landwirtschaftlichen Produktion die besten Lösungen an. Beispiele: Exkursionen zu Bauernhöfen, Zuschauen beim Käseherstellen oder Kernölpressen. So entsteht Wertschätzung und Wertschätzung schafft Wertschöpfung.
Urlaub am Bauernhof: 
Botschafter für die Landwirtschaft. Urlaub am Bauernhof ist als Bindeglied zwischen Tourismus und Landwirtschaft besonders wichtig. Sechs Prozent der gesamtsteirischen Gäste nächtigen auf Bauernhöfen. Die Vermieter sind Botschafter für die Landwirtschaft und bringen ihnen den ländlichen Raum und die Produktion von Lebensmittel näher. Neben den Gästen wissen auch die Köche der heimischen Gastronomie die regionalen, qualitativ hochwertigen Produkte zu schätzen und arbeiten eng mit der Landwirtschaft zusammen. Vor allem in wirtschaftlich schwächeren Regionen ist Urlaub am Bauernhof sehr wichtig. Mittlerweile erwirtschaften die knapp 1.600 steirischen Urlaubshöfe etwa ein Drittel des Einkommens durch diese Sparte. 
Bauern sind Impulsgeber für Tourismus 
Trendforscherin Claudia Brandstätter: Landwirte sorgen für Bekanntheit und Image einer Region
Die Grazer Trendforscherin Claudia Brandstätter beschäftigt sich seit Jahren mit Tourismus und Landwirtschaft. Wir sprachen mit ihr über die wechselseitige Bedeutung.
Wie sehr brauchen Landwirtschaft und Tourismus einander?
Claudia Brandstätter: Zu 100 Prozent. Essen und Trinken sowie die schön gepflegte Landschaft gehören zu den Top-Beweggründen, um in der Steiermark Urlaub zu machen. Sogar bei Fastenwochen spielen regionale Kräuter eine wichtige Rolle.
Welche Rolle spielt die Landwirtschaft für den Tourismus und umgekehrt?
Brandstätter: Die Landwirte sind für den Tourismus Impulsgeber und Treiber. Weil die Leistungen der Landwirtschaft Dabeisein beim Käseherstellen, Kernölpressen usw. attraktiv sind, geben die Gäste mehr aus und kommen auch wieder. Die Landwirte schaffen somit auch Bekanntheit und Image von Regionen, weil die Gäste nicht nur wiederkommen, sondern das Erlebte auch weitererzählen. Außerdem hat es die Landwirtschaft geschafft, kulinarische Produkte zu entwickeln, die für die Gäste einzigartig sind. Die Gäste interessieren die Menschen, also die Bäuerin oder den Bauern, hinter diesen Produkten.
Und welche Bedeutung hat die Landschaftspflege?
Brandstätter: Die Landwirtschaft schafft es, alle Sinnesorgane der Gäste zu verwöhnen mit der schönen Landschaft und der Kulinarik. Die Natur bringt die Gäste. Und das beginnt nicht erst bei den 50-Jährigen, sondern bei der Jugend der unter 20-Jährigen. Sie kommen, weil sie in schöner Natur Adrenalin-Sportarten wie Paragleiten oder Biken machen können.
Sind beide Bereiche, also Landwirtschaft und Tourismus, für unser Land somit wirtschaftlich gesehen unterschätzt?
Brandstätter: Ich sehe das so: Das tatsächliche Bewusstsein der strategischen Bedeutung beider Bereiche gemeinsam für die langfristige Wertschöpfung ist wenig sichtbar.
Was sollte man tun, um das zu verbessern?
Brandstätter: Diese vorhandenen Tatsachen laut und deutlich aussprechen, damit Bevölkerung, Meinungsmacher und Politik es auch erkennen. Es ist toll, dass die Woche der Landwirtschaft dieses Thema österreichweit aufgreift.
Welche Trends gibt es im Tourismus, wovon künftig auch die Landwirtschaft profitieren kann? 
Brandstätter: Erstens: Das nahe Umfeld fürs Urlaubmachen gewinnt an Bedeutung. Also Urlaub im Inland oder der Inlandsgast im Inland sind angesagt.
Zweitens: Der Ausflug ist der neue Kurzurlaub, weil Natur und regionale Spezialitäten im Angebot sind. Derzeit machen die Steirerinnen und Steirer 13 Ausflüge im Jahr, davon acht in der Steiermark selbst. Aber auch die Österreicher machen gerne Urlaub in der Steiermark. Rund sieben Ausflüge pro Jahr führen in die Steiermark.Drittens: Die Erlebniswelt Landwirtschaft ist der Beginn einer starken Beziehung. Wenn bei einem Ausflug auch die Erlebniswelt Landwirtschaft also hinter die Kulissen der landwirtschaftlichen Produktion blicken, Dabei zu sein oder etwas Ausprobieren genossen werden können, entsteht Wertschätzung. Und Wertschätzung schafft Wohlstand und Wertschöpfung. Sie ist der Beginn von Lebensqualität und Arbeitsfreude.
Was ist für die Landwirtschaft, bezogen auf die regionale Kulinarik, wichtig?
Brandstätter: Durch die Vielfalt der von den Bäuerinnen und Bauern entwickelten Produkte ergeben sich neue Möglichkeiten und gute Wachstumschancen. Die Vielfalt der Kulinarik ist der Magnet der Zukunft und somit ein große Chance.
…und bezogen auf die Erlebniswelt Landwirtschaft?
Brandstätter: Die Gäste suchen im Urlaub Erlebnis ohne Erlebnis ist die Region wenig interessant. Denn mit den erlebten Bildern im Kopf der Gäste schaffen die Bäuerinnen und Bauern eine Marke. Und diese Marke ist ein wesentlicher Baustein für den Tourismus, wodurch wieder neue Chancen entstehen.