Murtal

zu Ihrer Gemeinde

After Business Meeting in Gabelhofen: „Großstadt Aichfeld“: Neue Verpackung aber alter Inhalt

Schon der Erkenntnis wegen, dass die Lebenserwartung des Menschen pro Tag um sechs Stunden steigt und damit pro Jahr fast zweieinhalb Monate ausmacht, hatte sich der Besuch des „After Business Meetings“ am vergangenen Donnerstag gelohnt. Natürlich nur statistisch gesehen. Nach der Sommerpause hatte das EU-Regionalmanagement Obersteiermark West (ROW), geleitet von Geschäftsführerin Bibiane Puhl, zu einer weiteren Auflage dieser Veranstaltungsreihe ins Schloß Gabelhofen eingeladen, um an heißen Themen zu kratzen. Diesmal im Fokus der Dauerbrenner „Abwanderung“ – oder besser gesagt Strategien, um Zuwanderung zu fördern und die Ausdünnung einer Region zu verhindern.

Für’s Murtal eine existentielle Frage, denn Jugend wird knapp. So sah es jedenfalls der Vortragende, Universitätsprofessor Rainer Münz. Als Leiter der Forschungsabteilung der Erste Group setzt er sich seit Jahrzehnten mit den demographischen Entwicklungen im mitteleuropäischen Raum, besonders aber in den Regionen Österreichs auseinander. Das Kuriosum für die Murtaler Bezirke: Während bundesweit die Zahl alter Menschen – insbesondere die Gruppe der über 60jährigen – in den nächsten Jahrzehnten steigen wird, gehört die westliche Obersteiermark zu den ganz wenigen Gebieten Österreichs, in denen sie stagniert. Erfreulich ? Keineswegs, denn der Grund dafür ist alarmierend: „Die Zahl der alten Menschen wird hier deshalb nicht steigen, weil keine Jugend vorhanden ist, die vor Ort älter wird“, resummiert Rainer Münz, der auch dem neuerdings wieder ins Spiel gebrachten Gedanken der Schaffung einer „Murtal-Großstadt“ eine eindeutige Absage erteilt: „Die Fusion von Gemeinden allein wird nichts bewirken, wenn die erforderliche Verdichtung des Siedlungsraumes fehlt.“ Eine neue „Verpackung“ mit dem alten gleichbleibenden Inhalt sei kein Rezept für eine bessere Zukunft.

Statt dessen sei es notwendig, auf elementare Facts zurückzugreifen: „Etwa auf die Verbesserung einer Willkommenskultur für Zuwanderer, ohne die ausdünnende Regionen nicht mehr auskommen werden“, so Münz. Oder auf punktuelle Notwendigkeiten, um funktionalen, vorallem aber finanziell erschwinglichen Wohnraum zu schaffen. Das Credo des Vortragenden, der bis 2003 Bevölkerungswissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität lehrte und Gastprofessuren an einer Reihe anderer europäischer Universitäten innehatte: „Ein verstärkter Bau von Mietwohnungen kann negativen demographischen Entwicklungen entgegenwirken, die Suche nach Marktnischen in der Wirtschaft kann Erfolge bringen wie dies Beispiele anderer Regionen zeigen.“

Eine von Rainer Münz‘ Kernthesen: „Wir sind die langlebigste Generation in der Geschichte Europas, zugleich aber auch die kinderärmste“. Beides beschleunige die demografische Alterung, mit der zwar alle Regionen zu kämpfen hätten, aber unterschiedliche Antworten bereithielten. Um eine „Vergreisung“ und eine wachsende Lücke auf dem Arbeitsmarkt zu verhindern, plädiert Münz für eine Reihe von Reformen, die von einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit bis zu kontrollierter Zuwanderung reichen.

EU 1 EU 4 EU 10 Titel EU